Ein urmenschliches Gefühl – oder Ausdruck der besonderen Gedankenwelt einer Epoche?
Im 18. Jahrhundert war in Europa einiges im Umbruch: Die Aufklärung veränderte das Menschenbild und die Moral von Grund auf. Das 17. Jahrhundert war von Religion und nicht enden wollenden Religionskriegen geprägt gewesen. Die Liebe wurde in der Lyrik im Schein der Vergänglichkeit betrachtet: Memento Mori!
Im 18. Jahrhundert setzte sich zunehmend eine Vorstellung des Menschen als von Natur aus moralischem Wesen durch, die Vernuft und die Freiheit des Individuums gewannen enorm an Bedeutung.Vor diesem Hintergrund wurde ganz anders als zuvor über die Liebe nachgedacht.
Besonders in Italien wurde die Liebe oft als kokettes Rollenspiel antik-mythologischer Charaktere dargestellt. Während seines Romaufenthalts 1708 komponierte Georg Friedrich Händel die meisten seiner 72 weltlichen Kantaten – nach Vorbild Alessandro Scarlattis. In “Dolc’e pur d’amor l’affanno” – auf deutsch etwa “Der Schmerz der Liebe ist süß” – wird in italienisch-affektvoller und höchst virtuoser Art der Zwiespalt der Liebe zwischen Verlangen und Hoffnung, Qual und Freude charakterisiert.
Georg Philipp Telemann publizierte 1736 seine dritte Sammlung weltlicher Solokantaten, die “VI moralischen Cantaten”, mit der Begleitung einer obligaten Violine. Der Textdichter Joachim Zimmermann preist darin die Liebe aus der Sicht des aufstrebenden Bürgertums: Er bezeichnet sie als “tolles Ungeheuer” und spricht von ihrer “Macht und Plagen”. Am Ende kommt er zu dem Schluss: “Wenn ich ja noch lieben werde, muss es ohne die Beschwerde, nur mit Lust und Scherz geschehn.”
Johann Sebastian Bachs Arie “Nur durch Lieb und durch Erbarmen” von 1725 schließlich fokussiert auf ein völlig anderes Ideal der Liebe: Mitgefühl und selbstlose Nächstenliebe, durch die der Mensch Gott ähnlich sein kann.
Ergänzt werden die drei Vokalwerke durch instrumentale Kammermusik derselben Komponisten.
Georg Friedrich Händel
Triosonate G-Dur, Op. 5 Nr. 4, HWV 399
für Flöte, Geige und B.c.
Georg Friedrich Händel
Cantata “Dolc’e pur d’amor l’affanno”, HWV 109
(“Der Schmerz der Liebe ist süß”)
für Alt und B.c.
Johann Sebastian Bach
Sonate für Flöte und B.c. in e-moll, BWV 1034
Johann Sebastian Bach
Arie “Nur durch Lieb und durch Erbarmen”
aus BWV 164
für Alt, Flöte, Violine und B.c.
Georg Philipp Telemann
Triosonate in G-Dur, TWV 42:G1
für Flöte, Violine und B.c.
Georg Philipp Telemann
Sechs Moralische Kantaten: “Die Liebe”
für Mezzosopran, Violine und B.c.